Jenseits der Nation - das vergessene Europa des 19. Jahrhunderts

Die Geschichte der Inszenierungen und Visionen Europas in Literatur, Geschichte und Politik

Claude D Conter

Diese Publikation zitieren

Claude D Conter, Jenseits der Nation - das vergessene Europa des 19. Jahrhunderts (2020), Aisthesis Verlag, Bielefeld, ISBN: 9783849816179

46
Accesses

Beschreibung / Abstract

Das 19. Jahrhundert gilt immer noch als Säkulum der Nationenbildung. Die vorliegende diskurshistorische Studie erklärt nun das Jahrhundert der Nationen als eine Geschichte der Europa-Inszenierungen. Sie weist nach, dass sich die Vorstellungen der Nation erst aus dem Europa-Diskurs heraus entwickelt haben, und stellt die lebendigen Debatten vor, in denen Europa von den Zeitgenossen als politische Idee, als interkultureller Erfahrungsraum, als prospektives sozio-kulturelles Modell und als kulturelle Praxis wahrgenommen wird. Der Verfasser hat ein umfangreiches Korpus an überwiegend deutschsprachigen, politischen, historiographischen, publizistischen, juristischen, theologischen und vor allem belletristischen Texten recherchiert. Anhand dieser Schriften wird rekonstruiert, wie sich infolge der revolutionären Umbrüche und politischen Krisen seit dem Sturz Napoleons das Bewusstsein einer europäischen Identität zunächst ausbreitet, aufgrund von politischen, kulturellen, technischen und geschichtsphilosophischen Entwicklungen wandelt und mit der Reichsgründung schließlich marginalisiert wird.
Insbesondere die Literaten entwickeln eine bis heute gebräuchliche Europa-Rhetorik. Bekannte Autoren wie Heine, Laube, Rückert, Schlegel oder Fürst Pückler-Muskau, aber auch Modeliteraten wie Zschokke, Willkomm oder Storch sowie vergessene Autoren wie Adolph von Schaden haben ihre Vorstellungen vom Kontinent in Geschichten inszeniert: Sie reichen von den Vereinigten Staaten von Europa bis hin zum europäischen Einheitsstaat, von einer offenen, kosmopolitischen Gesellschaftsordnung bis hin zum Wunsch nach einer uneinnehmbaren europäischen Festung, von den europaskeptischen Geschichtspessimisten bis hin zu den messianischen Sehnsüchten nach einer Kolonialmacht.

Beschreibung

Claude D. Conter, geb. 1974, arbeitet seit 1998 als Lehrbeauftragter und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Diverse Veröffentlichungen zum Verhältnis von Literatur und Politik, Literatur und Medien, Drama und Theater und zur Gegenwartsliteratur. Die vorliegende Arbeit wurde im Oktober 2003 mit dem Promotionspreis der Otto-Friedrich-Universität Bamberg ausgezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

  • Frontcover
  • Titel
  • Impressum
  • Vorwort
  • Inhalt
  • I. Einführung
  • 1. Vergessenes Europa oder: Wie national ist das 19. Jahrhundert wirklich?
  • 2. Skizze zu einer Rekonstruktion des Europadiskurses im 19. Jahrhundert
  • II. Europas ideengeschichtliche und politisch-historische Emergenz – Von den Gleichgewichtsapologeten bis zu den Völkerbundstrategen
  • Überblick
  • 1. Das Jahrhundertproblem oder: Was kommt nach Napoleon? – Reaktionen auf Napoleons Europa-Ordnung
  • 2. Antwort 1: Europa aus der Sicht der Gleichgewichtsapologeten
  • 3. Antwort 2: Europäische Friedenspolitik – Politische Praxis zwischen Anspruch und Realisierung
  • 4. Antwort 3: Europa aus der Sicht der Völkerbundstrategen
  • III. Europas Niedergang und Triumph – Amerikanismus und Exotismus
  • Überblick
  • 1. Europamüdigkeit in Geschichtsphilosophie und Literatur
  • 2. Europa retten oder verlassen? – Die geschichtsphilosophische und literarische Herausforderung des 19. Jahrhunderts
  • 3. Rückkehr nach Europa oder: Wieso das europäische Bewusstsein keiner politischen Einigung bedarf
  • IV. Revolutionen und europäische Identitätsstiftung literarische Verhandlungen und Inszenierungen der europäischen Revolutionen
  • Überblick
  • 1. Revolution und Europa – Ein Verhältnis im Zeichen von Notwendigkeit und Erneuerung
  • 2. „Hellas fleht Europa um Hilfe“ – Literarischer Philhellenismus im Namen Europas
  • 3. Ein Kontinent in Bewegung – Europa im Banne der 1830er Revolution
  • 4. „Ein Hoch auf das konföderierte Europa!“ – Wieso das Hambacher Fest (1832) nicht nur ein Nationalfest gewesen ist
  • 5. 1848 - Europa zwischen Hoffnung und Enttäuschung
  • 6. „Die Poesie ist lang verschollen, sie klappet nicht mir der Wirklichkeit.“ Europa und die Revolution als literarische Herausforderung im 19. Jahrhundert oder: Der Schriftsteller als Kämpfer für die europäische Revolution?
  • V. Überlegungen zu einem Bewusstsein europäischer Identität in der Literatur des 19. Jahrhunderts
  • Überblick
  • 1. Europa und die Literatur – Drei Beobachtungen zum europäischen Selbstverständnis der deutschsprachigen Literatur
  • 2. Zusammenfassende Überlegungen über die Möglichkeiten eines Bewusstseins europäischer Identität im 19. Jahrhundert
  • 3. Literatur, Europa, Geschichte: Schlussfolgerungen
  • VI. Abbildungen
  • VII. Literaturverzeichnisse
  • 1. Primärliteratur
  • 2. Sekundärliteratur
  • 3. Abbildungsverzeichnis
  • Register
  • Backcover

Ähnliche Titel

    Mehr von diesem Autor