Schriften

Heinrich Vogeler

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Heinrich Vogeler, Walter Fähnders (Hg.), Helga Karrenbrock (Hg.), Schriften (2022), Aisthesis Verlag, Bielefeld, ISBN: 9783849817800

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Accesses

Beschreibung / Abstract

Heinrich Vogeler (1872-1942) war Maler, Grafiker, Buchkünstler, Kunstgewerbler, Architekt, Pädagoge, Politiker – und nicht zuletzt Schriftsteller, Verfasser einer Vielzahl von Schriften, von Broschüren und Aufsätzen, Reiseberichten und Aufrufen. Es sind Texte eines Autors, der darin eher selten über Kunst oder sein eigenes künstlerisches Oeuvre spricht, was bei einem so vielseitigen Künstler eigentlich zu erwarten wäre. Es sind auch keine im strengen Sinn literarischen Texte (nach dem frühen Gedicht-Bändchen Dir aus dem Jahr 1899, das Ausnahme bleibt), sondern Schriften von ausnahmslos diskursiver, theoretischer, essayistischer Art, oft im polemischen, fast immer im politischen und sozialkritischen Kontext. Später kommen Reiseberichte aus Russland hinzu. Dies hängt eng mit Vogelers Biographie zusammen.

Denn zur Schreibfeder greift der überaus bekannte und erfolgreiche Jugendstil-Künstler Heinrich Vogeler spät, mit Mitte Vierzig. Erst die Erfahrungen des Weltkriegs, zu dem er sich 1914 noch als Freiwilliger gemeldet hatte und die ihn bald zum engagierten Revolutionär machten, veranlassten ihn, auch publizistisch tätig zu werden – sein Anfang 1918 verfasster Brief an den Kaiser, der mittlerweile zum Repertoire der großen pazifistischen Schriften gerechnet wird, bildet dafür den Auftakt. Revolution, revolutionäres Engagement, Neubeginn stehen fortan im Zentrum seines schriftstellerischen Schaffens. Es ist kein Zufall, dass Vogeler im Umfeld von Novemberrevolution und revolutionärer Nachkriegskrise mehr geschrieben und veröffentlicht hat als in allen darauffolgenden Jahren zusammen – so erscheinen um 1920 alle seine avantgardistisch gestalteten Broschüren. Der hier vorliegende Band trägt dem mit seiner auch quantitativen Gewichtung Rechnung.

Die chronologisch angeordneten Schriften folgen exemplarisch den großen Lebensabschnitten des Künstlers. Sie beginnen mit der schriftstellerischen Produktion seit dem Kaiser-Brief während der revolutionären Barkenhoff-Zeit, die von Vogelers Experiment einer Lebens- und Arbeitskommune geprägt ist. Agitation, Polemik und Utopie bestimmen seine revolutionären Aufrufe und Gesellschaftsentwürfe (Texte bis 1923). Der zweite Teil gilt den Zwanziger Jahren, in denen Vogeler nach dem Ende der Worpswede-Zeit in Berlin und anderswo lebt und arbeitet, mehrfach Russland besucht und darüber politische Artikel und erste Reiseberichte publiziert (Texte bis 1931). Das dritte Kapitel schließlich konzentriert sich auf sein letztes Lebensjahrzehnt, das er in der Sowjetunion verbringt. In der Moskauer deutschsprachigen Exilpresse erscheinen seine Reiseund Erfahrungsberichte über das Werden einer neuen Gesellschaft, die er uneingeschränkt bejaht, aber auch Kunstkritiken, darunter sein großer Gedenkaufsatz über Paula Modersohn-Becker (Texte bis 1942). In einem Schlussteil sind verschiedene autobiographische Notizen und Zeugnisse des Künstlers zusammengestellt, darunter (als einziger Text unserer Ausgabe, der erst postum veröffentlicht worden ist) seine Selbstbiographie aus der sowjetischen Kaderakte.

Erstmals wird damit eine repräsentative und exemplarische Auswahl von Heinrich Vogelers zu Lebzeiten veröffentlichten Texten vorgelegt, die die gesamte Breite seines schriftstellerischen Schaffens berücksichtigt: politische Broschüren über Revolution und revolutionäre Pädagogik, tagespolitische Interventionen, publizistische Arbeiten, Essays über Kunst und Künstler, Aufrufe, Meinungsumfragen, Offene Briefe, schließlich Reiseberichte. Repräsentativ sind nicht nur die vielfältigen Textgattungen, sondern auch die unterschiedlichen Publikationsorte. Die Spanne reicht von Programmschrift und Manifest bis zu Zeitschriften- und Zeitungsartikeln in der einschlägigen Linkspresse und in Organen der Jugendbewegung. Deutlich wird dabei, wie eng Vogeler in diesen Kreisen vernetzt war – und trotz seiner oft nicht gerade eingängigen Schreibweise ein begehrter Autor war.

So bietet der hier vorgelegte Band ein äußerst vielfältiges Bild seiner zu Lebzeiten veröffentlichten Schriften, ein Kaleidoskop, das auch Redundanzen und Widersprüche nicht ausklammert. Die chronologische Textanordnung macht Positionen und Entwicklungen des Autors ebenso kenntlich wie die unterschiedlichen Umfelder, in den er arbeitete und schrieb. Nicht wenige diese Texte werden hier erstmals seit ihrem Erscheinen wieder nachgedruckt – es sind, wie sich zeigt, Künstlerschriften der ganz besonderen Art.

Inhaltsverzeichnis

  • Frontcover
  • Titel
  • Impressum
  • Inhaltsverzeichnis
  • Zu diesem Buch
  • Schwarzes nächtiges Thal
  • Ein Brief aus den Karpathen
  • Das Märchen vom lieben Gott
  • Brief an Ludwig Roselius
  • Kommunismus
  • Ein offener Brief zum Frieden unter den Menschen
  • Über den Expressionismus der Liebe
  • Das Neue Leben
  • Siedlungswesen und Arbeitsschule
  • Die Revolution und die christliche Kirche
  • Abrechnung
  • Erkenntnisse und Erfahrungen
  • Arbeiter-Union
  • Die Frau in der kommunistischen Gesellschaftsordnung
  • Der Kampf innerhalb der K.P.D.
  • Erkenntnis und neuer Wille
  • Heute
  • Proletkult
  • Expressionismus
  • Die Freiheit der Liebe in der kommunistischen Gesellschaft
  • Kosmisches Werden und menschliche Erfüllung
  • Frühlingsbrief an meine Freunde!
  • Zwei Aufrufe zur Unterstützung des Barkenhoff
  • Das Volksfest 1921
  • Neues Werden
  • Siedlung und Schulung
  • Jugend voran!
  • Vorwort zum Buch „Weltkongresse“ von Maurice Disch
  • Aus der Textsammlung „Friede“
  • Über Häusser
  • Wiedergeburt der Kunst aus dem Handwerk
  • Das Elend der Kinder der politischen Gefangenen
  • Barkenhoff
  • Über Rußland
  • Bewegungen der Kunst in Rußland
  • Studie über Gotik vom Standpunkte des historischen Materialismus
  • Zur Frage des Kommunismus
  • Reise durch Russland
  • Heimkehr aus Russland
  • Eindrücke aus Karelien und dem nördlichen Rußland
  • Protest gegen die geplante Vernichtung der Barkenhoff-Fresken
  • Fahrt nach Taschkent
  • Aufruf an die deutschen Künstler
  • Im Lande ehemaliger Bergräuber
  • Im Lande der Trauben und heiligen Gärten
  • Hinein in die Rote Hilfe!
  • Schaffende Kräfte
  • Zum Ausschluss aus der Roten Hilfe
  • Stellungnahme gegen die Strafverfolgung männlicher Prostitution
  • Brief an Richard Babiel
  • Der Weg zur Barbarei
  • Über Paula Modersohn-Becker
  • Aufsätze über Rußland
  • Die Ausstellung revolutionärer Kunst im Museum für die neuere Kunst des Westens
  • Wandmalerei und Sowjetarchitektur
  • „Der Sozialismus befreit die künstlerische Individualität“
  • Über Frans Masereel
  • Paula Modersohn-Becker
  • Menschen und Landschaften im Sowjetsüden
  • Rundfunkaufruf an die deutschen Künstler
  • Warum bin ich Kommunist?
  • Was hat Sie zum Sozialisten gemacht?
  • Literarisches Selbstbildnis
  • Lebenslauf Heinrich Vogeler
  • Erfahrungen eines Malers
  • Mein Weg zum sozialistischen Realismus
  • Textnachweise und Kommentar
  • Verzeichnis der selbständigen Schriften von Heinrich Vogeler
  • Nachwort
  • Frontflap
  • Backflap
  • Backcover

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