Ästhetisierung als Zweite Aufklärung

Eine literarästhetisch abgeleitete Kulturtheorie

Jürgen Peper

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Jürgen Peper, Ästhetisierung als Zweite Aufklärung (2022), Aisthesis Verlag, Bielefeld, ISBN: 9783849818289

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Beschreibung / Abstract

Eine Kulturtheorie literarästhetisch abzuleiten, drängt sich selbst Literaturwissenschaftlern nicht auf. Der Germanist Gert Kaiser gesteht dem Ästhetischen nicht einmal eine “seismographische Funktion” zu: “Es waren nicht die Künste, die uns die Zukunft voraussagten, sondern die technischen Erfindungen der Daguerreotypie, des Filmapparats und der Schreibmaschine, die die Kunst bewegten.” (Die Zeit, 18.3.1994, S. 45) Allzu viele Kollegen sind von solcher Nachrangigkeit der Ästhetik gegenüber Technik, Soziologie, politischer Geschichte usw. überzeugt. Sie ignorieren die erkenntniskritische Potenz des Ästhetischen.

Peper sieht Kultur nicht als irgendeinen Fortschritt der Zivilisation, sondern als gestaltete und gelebte Wahrheitsvorstellung. Das gilt in der Postmoderne nicht weniger als im Mittelalter. Peper zeigt Ästhetisierung als erkenntniskritische Hinterfragung der klassischen Wahrheitsvorstellung im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts und somit als Zweite Aufklärung. Er macht Ernst mit Odo Marquards Beobachtung, daß mit Kant die Ästhetik die Metaphysik als “diensthabende Fundamentalphilosophie”
abgelöst hat. Was dann im 20. Jahrhundert soziologisch als “Ästhetisierung der Lebenswelt” (Bubner) zutage tritt, als “Erlebnisgesellschaft” (Schulze), als “sensuelles Zeitalter” (Horx), als Individualisierung und demokratische Emanzipation, das kündigt sich bereits in der Lyrik des 18. Jahrhunderts im Wandel der Metapherstruktur, also ästhetischerkenntniskritisch, an. Untersucht werden Texte der amerikanischen, englischen, französischen und deutschsprachigen Literatur seit der Mitte des 18. Jahrhunderts. Seitenblicke in die homologen Entwicklungen im Theater, in Musik und Malerei runden ab. Ein abschließender 46seitiger “Theorie-Check” überprüft die vorgelegte Kulturtheorie.

Inhaltsverzeichnis

  • Frontcover
  • Titel
  • Impressum
  • Inhaltsverzeichnis
  • Siglen und Hinweise
  • Einleitung
  • I. Ästhetisierung als zweischneidige Aufklärung
  • 1. “Im Anfang war das Wort [...] und Gott war das Wort”
  • 2. “Im Anfang war der Unsinn [...] und Gott (göttlich) war der Unsinn”
  • 3. “Im Anfang des menschlichen Denkens war der Zweck” – und Gott galt als der höchste Zweck alles Seienden
  • II. Das klassische System
  • 1. Platons homologe Hierarchien und die aristotelische Mimesis
  • 2. ›Pride and Prejudice‹: Jane Austens klassische Mimesis
  • 3. ‘Männliche’ Vernunft und ‘weibliche’ Phantasie
  • III. Zur Erkenntniskritik am klassischen System
  • 1. Rousseaus ästhetisierter ›homme naturel‹
  • 2. Kants epochistische Ästhetik als erfahrbare Erkenntniskritik
  • IV. Die nachklassische Geschichte der Ästhetisierung durch epistemologische Epoché
  • 1. Schopenhauers “ästhetische Betrachtungsweise”
  • 2. Mit Schopenhauers “ästhetischer Betrachtungsweise” zur atonalen Musik
  • 3. Mit Schopenhauers “ästhetischer Betrachtungsweise” zur gegenstandsfreien Malerei
  • 4. Wordsworths ästhetisierende “wise passiveness”
  • 5. Coopers satirischer Blick auf die epochistische Revolution
  • 6. Coopers “civilization” (Kultur) und Emersons “self-culture”
  • 7. Emersons ästhetisiertes ›Self‹ in “Self-Reliance”
  • 8. Thoreaus diesseitsgläubige Selbstkultur
  • 9. Poe: Amerikas Ästhetizist
  • 10. E. Dickinsons Ästhetisierung des Religiösen
  • 11. Mallarmés ästhetisierte Transzendenz
  • 12. Die ästhetizistische “Selbstkultur”
  • 13. Die ästhetizistische Selbstkultur im Roman und ihr kurzer Weg in eine “Ästhetik des Bösen”
  • 14. Positivistischer Realismus, zwei Ästhetizismen und zwei Naturalismen
  • 15. Whitmans Selbstkultur oder “Personalism”
  • 16. Nietzsches Selbstkultur aus dem Geist der Kunst
  • 17. Der ästhetisierte Augenblick: Proust und G. Stein
  • 18. Der ästhetisierte Augenblick: W.C. Williams
  • 19. T.S. Eliot: Eine Gegenprobe
  • 20. Hemingways filmische Epoché
  • 21. Camus’ existentialistische Selbstkultur
  • 22. Die Metapher als Kulturfigur: Vom metaphorischen Bild zum selbstbezüglichen ‘Bild’ in der Prosa
  • 23. Die Metapher als Kulturfigur: Vom metaphorischen Bild zum selbstbezüglichen ‘Bild’ in der Lyrik
  • 24. Die surrealistische ‘Revolution’
  • 25. Artauds Körpertheater: “Metaphysik via Haut”
  • 26. Postmodernistische und poststrukturalistische Folgerungen
  • 27. “Amerika, du hast es besser”? oder Entropie vs. Nihilismus
  • V. Unterwegs zu einer demokratischen Ästhetik
  • 1. Ästhetisierende und wissenschaftliche Epoché
  • 2. Emanzipation der medialen Parameter durch Epoché
  • VI. Von der epochistischen Selbstsuche zur Ästhetisierung der Subjektivität
  • 1. Mailers ‘zukunftsweisender’ Hipster
  • 2. Weibliche ‘Identität’
  • 3. Subjektivität ohne Subjekt: Das dekonstruierbare Subjekt
  • VII. Die Wiederkehr von Platons und Nietzsches attischem Demokraten?
  • 1. Freiheit vor Gleichheit
  • 2. Momentanismus, Sensualismus, Narzißmus
  • 3. Jugendlichkeitskult
  • VIII. In der demokratischen Privatkulturangekommen
  • 1. Die Ästhe(ti)sierung der demokratischen Lebenswelt
  • 2. Deutsche Kultur gegen westliche Zivilisation
  • 3. Funktionsteilung zwischen Privatkultur und Zivilisation
  • 4. Selbstkultur und Individualkultur heute
  • IX. Theorie-Check
  • 1. “Eine Theorie ist desto eindrucksvoller, je [...]”
  • 2. Ästhetische Distanz, Existentielle Epoché, Partizipationspause, Präsenz, Epistemologische Epoché
  • 3. ›Freiheit‹ der Handlung vs. ›gesetzmäßige‹ Entfaltung?
  • 4. Teleologie, Teleonomie – oder schlicht Strategie?
  • 5. Der hintergründige Zweckbegriff
  • Literaturverzeichnis
  • Namenregister
  • Backcover
  • Frontflap
  • Backflap

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