Dresden 1919

Die Geburt einer neuen Epoche

Freya Klier

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Freya Klier, Dresden 1919 (2018), Verlag Herder, Freiburg, ISBN: 9783451809187

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Accesses

Beschreibung / Abstract

Dresden 1919 – die Stadt gleicht einem Brennglas, in dem sich die Lage der entstehenden Weimarer Republik spiegelt: Klassenkämpfer treffen auf Sozialdemokraten und ein kaisertreues Bürgertum. Kriegskrüppel und Schwerverwundete prägen den Alltag ebenso wie eine pulsierende Künstlerszene. Jederzeit droht der Bürgerkrieg. Aus historischen Zeugnissen und den Erinnerungen beteiligter Akteure formt Freya Klier ein beeindruckendes Panorama der damaligen Jahre und spannt den Bogen in unsere Zeit, indem sie Parallelen zur Gesellschaft heute zieht.

"Über dem Europa des Jahres 1919 liegen Hunger und eine tiefe Erschöpfung – sowohl auf Seiten der Sieger als auch der Besiegten. Der Habsburger Völkerstaat ist in seine Bestandteile aufgespalten, und Deutschland als dem größten Verlierer des Weltkriegs wird ein Friedensvertrag diktiert, der die Menschen quer durchs Land in Zorn und Depressionen versetzt. Aus dem Osten droht der Bolschewismus, im Westen halten die Siegermächte deutsche Gebiete besetzt. Wie soll das weitergehen? Niemand will die Verantwortung für diesen Krieg übernehmen – am wenigsten jene, die ihn zu verantworten haben."

Freya Klier lässt Menschen zu Wort kommen, die damals hautnah dabei waren: sie zitiert aus den Tagebüchern von Käthe Kollwitz und Victor Klemperer, sie zeichnet Erinnerungen von Erich Kästner, Ernst Toller, Oskar Kokoschka und Marie Stritt auf. Die zwölfjährige Jüdin Johanna Lindemann schildert beeindruckend, was Kinderarmut in der Kriegs- und Nachkriegszeit bedeutete. Noch weiß sie nichts von dem dramatischen Schicksal, das sie erwartet.

Vieles von dem, was nach Ende des Ersten Weltkriegs geschieht, läuft in Dresden zusammen. In den Metropolen der anbrechenden Weimarer Republik sind die Stimmungen sehr unterschiedlich. Nur im Vergleich mit den Ereignissen in München, Berlin oder Köln lässt sich die Umbruchzeit im Elbetal des Jahres 1919 beschreiben. Wieso sind die Freikorps hier nicht so brutal wie im Ruhrgebiet oder in Bayern? Wieso verläuft die Revolution fast friedlich, ebenso die Ausrufung des Freistaates? Dresden wird zum Zentrum der Reformpädagogik. In keiner anderen Stadt gründen sich im Jahr 1919 so viele Vereine wie in der sächsischen Hauptstadt. Alle handeln aus derselben Motivation: Sie wollen die Welt verändern.

Und "kaum wahrgenommen in der Welt des patriotischen Rauschens macht sich eine Generation starker Frauen auf den Weg, um ein gesamtdeutsches Frauenwahlrecht zu erkämpfen – an ihrer Spitze die Schauspielerin Marie Stritt. Sie agieren aus der bürgerlichen Mitte heraus, ohne aggressive Ausfälle gegen das männliche Geschlecht. Sie bekommen großen Zulauf und sind auf Anhieb erfolgreich, wie die Wahlen zur Nationalversammlung zeigen."

Im Jahr 2019 feiert der Freistaat Sachsen mit der Hauptstadt Dresden seinen 100. Jahrestag. Am Beispiel dieser Stadt erzählt Freya Klier auf beeindruckende Weise von dem schwierigen Wandel des Kaiserreichs in die Weimarer Republik, in dem sie einen neuen Blick auf die Geschehnisse der Jahre 1918-1920 wirft.

Beschreibung

Freya Klier, geb. 1950 in Dresden, arbeitete als Schauspielerin und Theaterregisseurin, 1980 war sie Mitbegründerin der DDR-Friedensbewegung. 1988 wurde sie zusammen mit anderen Bürgerrechtlern verhaftet und unfreiwillig ausgebürgert; seitdem Arbeit als Regisseurin und Autorin. Freya Klier hat viele Preise und Ehrungen erfahren, unter anderem erhielt sie das Bundesverdienstkreuz (2012). 2016 wurde ihr der Franz-Werfel-Menschenrechtspreis in der Frankfurter Paulskirche überreicht. Zuletzt bei Herder erschienen: "Wir letzten Kinder Ostpreußens. Zeugen einer vergessenen Generation" (2014).

Inhaltsverzeichnis

  • Titel
  • Impressum
  • Inhalt
  • Vorwort
  • Krieger
  • Frauen
  • Oktober 1918: Noch immer werden Eiserne Kreuze verliehen
  • November 1918: »Der fliegt nie, der jetzt nicht flog«
  • Dezember 1918: Die Rückkehr der Fronttruppen
  • Januar 1919: Der Mord an den kommunistischen Führern
  • Februar 1919: Frauen auf dem politischen Parkett
  • März 1919: Dresdner Sezession Gruppe 1919
  • April 1919: Die Bluttat von Dresden
  • Mai 1919: Die Kriegsfackel einmal um den Erdball
  • Juni 1919: Kategorischer Imperativ mit dem ­Revolver in der Hand
  • Juli 1919: »Warum wir den Frieden unterzeichnen müssen«
  • August 1919: Es ist heiß im August
  • September 1919: Gottesfürchtig und königstreu – das war gestern
  • Oktober 1919: Kokoschkas (seelische) ­Gesundung
  • November 1919: Der erste Jahrestag der Revolution
  • Dezember 1919 Wir brauchen Wohnungen!
  • Januar 1920: Männliche Anmaßung
  • Februar 1920: Von Spielern und Prostituierten
  • Frühjahr 1920: Die Herrschaft der 100 Stunden
  • Ausblick ins Düstere
  • Quellen
  • Nachweise

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