Cante flamenco

Gerhard Steingress

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Gerhard Steingress, Cante flamenco (2013), Logos Verlag, Berlin, ISBN: 9783832596231

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Beschreibung / Abstract

Als Produkt der europäischen Romantik wurde der andalusische Flamenco lange Zeit hindurch als geheimnisvoller Ausdruck der Poesie und Musik der gitanos verstanden, verklärt und kommerziell genutzt. Die vorliegende Studie entmystifiziert dieses künstlerische Genre als Kunst-Zigeuner-Kunst der Moderne im Rahmen der Dialektik von Tradition und Innovation im Übergang von der ländlich-agrarischen Volkskultur zur urbanen Populärkultur der bürgerlichen Gesellschaft. Ähnlich wie der amerikanische Blues, der griechische Rebetiko, der argentinische Tango, der portugiesische Fado, der brasilianische Samba oder neuerdings der algerische Ra "i wird der Flamenco als ethnisch verwurzelte, doch transkulturell entwickelte Musik untersucht. Dabei wird insbesondere seine ausserkünstlerische Bedeutung als identitätsstiftendes, ethnizitäres Element bei der Entwicklung und Konsolidierung Andalusiens als autonomer historisch-kultureller Raum aufgezeigt. Als eigenständiger, im Kreis der andalusischen Boheme des 19. Jahrhunderts entwickelter Sprach-, Poesie-, Musik- und Tanzstil ist der Flamenco ein wichtiges Element der Hybridisierung in der globalen Musikszene geworden. Im Jahr 2010 wurde er von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Gerhard Steingress (Salzburg, 1947) ist Professor für Soziologie an der Universität Sevilla. Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur Kultur- und Musiksoziologie, insbesondere zum Thema der transkulturellen Hybridisierung in der Popularmusik unter den Bedingungen der Globalisierung. Massgeblicher Begründer der kritischen, sozialwissenschaftlich orientierten Flamencoforschung. Wissenschaftspreis 1991 der Fundación Andaluza de Flamenco für seine unter dem Titel Sociolog 'ia del cante flamenco 1993 veröffentlichten Studie, die der vorliegenden Publikation zur Grundlage diente. Ebenso in deutscher Sprache erschienen ist seine Aufsatzsammlung Über Flamenco und Flamencokunde (Lit-Verlag, Berlin, 2006).

Inhaltsverzeichnis

  • BEGINN
  • 1 Einleitung
  • 1.1 Der Flamenco-Gesang als künstlerischer Akt
  • 1.2 Der Flamenco-Gesang als Objekt der Soziologie
  • 2 Flamenco als Kunst
  • 2.1 Kunst, Gesellschaft und Erkenntnis
  • 2.2 Kunst und »kulturelles Erbe«
  • 2.3 Die soziale Determiniertheit der Kunst
  • 3 Musik, Poesie und künstlerischer Prozess
  • 3.1 Die Musik als Phänomen des Alltags und der Kunst
  • 3.2 Musikalisches Verhalten und emotionaler Ausdruck
  • 3.3 Traditionalismus, Sentimentalität und romantische Musik
  • 3.4 Der Flamenco-Gesang als Ausdruck des »Tiefinneren« in der romantischen Musik – Einige kritische Anmerkungen zu Falla und Turina
  • 3.5 Die tonà¡ als musikalisches Verbindungsglied zwischen saeta und Flamenco: Zur Dialektik des »Tiefinneren« im andalusischen Gesang
  • 3.6 Garcà­a Matos und die These vom »folkloristischen Ursprung« des Flamenco
  • 4 Historische Etappen der Flamenco-Forschung
  • 4.1 Erste Etappe: »Die Sevillaner Initiative«
  • 4.2 Die zweite Etappe: »El Folk-Lore«
  • 4.3 Die dritte Etappe: Die »Flamencologie« als Ausdruck der Suche nach Identität
  • 4.4 Die vierte Etappe: Vom »Postmairenismus« zur kritisch-wissenschaftlichen Flamenco-Forschung
  • 5 Die Begründer der Flamenco-Kunde
  • 5.1 Antonio Machado y Alvarez (Demà³filo): »Coleccià³n de cantes flamencos« (1881)
  • 5.2 Hugo Schuchardt: Die »Cantes flamencos«
  • 5.3 Anselmo Gonzà¡lez Climent: Flamencologà­a
  • 5.4 Ricardo Molina/Antonio Mairena: Mundo y formas del cante flamenco
  • 6 Die Schwächen der traditionellen Flamenco-Kunde: Zur Unhaltbarkeit der These vom »zigeunerischen Ursprung« des Flamenco-Gesangs
  • 6.1 Die idealistische Grundlage
  • 6.2 Die sozialdarwinistische Orientierung der Konzeption von Antonio Machado y Alvarez: »Volk«, »Rasse« und »cante gitano«
  • 6.3 Der Mythos vom »zigeunerischen Ursprung« des Flamenco-Gesangs
  • 6.4 Die falsche Dichotomie von »Zigeunerischem« und »Andalusischem«
  • 6.5 Zur »Hermetik« des zigeunerischen Milieus: Marginalisierung und Assimilation
  • 6.6 Die Mystifikation der Gestalt des »Zigeuners« als Ausdruck der andalusischen Identitätskrise
  • 7 Der historisch-soziale Hintergrund der Entstehung des Flamenco-Gesangs
  • 7.1 Synopse der historischen Daten zum Auftauchen des Zigeuner-Genres
  • 7.2 Zur Formierung des Flamenco-Genres als subkulturelle musikalische Interpretationstechnik
  • 7.3 Das 18. Jahrhundert: Zwischen Reform und Dekadenz
  • 7.4 Das 19. Jahrhundert: Vom »Alten Regime« zu den »Zwei Spanien«
  • 7.5 Die Krise der Kirche am Ende des »Alten Regimes«: Volksreligiosität
  • 8 Andalusien und seine »zwei Kulturen«: Die Dialektik von Gesellschaft und Kunst
  • 8.1 Die Spaltung in der Musikentwicklung
  • 8.2 Die Spaltung in der Poesie
  • 8.3 Von der Vulgärpoesie zur »Kunst-Zigeuner-Kunst«
  • 9 Zigeunergenre und Volkstümlichkeit in der vorflamenkischen Phase
  • 9.1 Miguel de Cervantes (1547–1616)
  • 9.2 José Cadalso (1741-1782)
  • 9.3 Juan Antonio de Iza Zamà¡cola alias »Don Preciso« (1756–1826)
  • 9.4 Washington Irving (1783–1859)
  • 9.5 George Borrow (1803–1881)
  • 9.6 Théophile Gautier (1811–1872)
  • 9.7 Richard Ford (1796–1858)
  • 9.8 Serafà­n Estébanez Calderà³n (1799–1867)
  • 10 Sozio-kulturelle Kategorien zur Erklärung des Flamenco-Gesangs
  • 10.1 Individualisierung und Popularisierung in der Kunst: Von den Romanzen zum »andalusischen Tanzlied« (»canto y baile andaluz«)
  • 10.2 Die Romantik
  • 10.3 Formen der »Zigeunerisierung« in Poesie und Musik: Die Entstehung der andalusischen Boheme
  • 11 Die Herausbildung des Flamenco-Milieus in Sevilla
  • 11.1 Wandel in der Sozialstruktur: Vom Land in die Stadt
  • 11.2 Von der romantischen Verklärung zum Realismus der Widersprüchlichkeit: Die »innere Rebellion« des Flamenco
  • 11.3 Die Tanzschulen: Von der Macht der Kleidermode
  • 11.4 Die Theater: Der Triumph der ausländischen Balletteusen
  • 11.5 Die »Flamenco-Cafés« (cafés cantantes): Vom »Tiefgründigen« zum »Schlüpfrigen«

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