Die Berichterstattung über die Mordserie des NSU im Lichte journalistischer Selbstkritik

Elke Grittmann, Fabian Virchow und Tanja Thomas

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Elke Grittmann, Fabian Virchow, Tanja Thomas, Die Berichterstattung über die Mordserie des NSU im Lichte journalistischer Selbstkritik (2015), Beltz Juventa, 69469 Weinheim, ISSN: 0342-2275, 2015 #04, S.297

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Beschreibung / Abstract

Am 4. November 2011 wurden in Eisenach im Rahmen polizeilicher Fahndungsmaßnahmen nach einem Banküberfall zwei Männer tot in einem brennenden Wohnmobil aufgefunden. Die im Fahrzeug sowie in einem kurz darauf in Zwickau in Brand gesetzten Gebäude gefundenen Waffen, Unterlagen und persönlichen Gegenstände sowie in Umlauf gebrachte Bekennervideos belegen die Existenz einer rechtsterroristischen Gruppierung, die in den vorangehenden vierzehn Jahren zahlreiche Banküberfälle und Sprengstoffanschläge sowie zehn Morde verübt hatte. Insbesondere in der neonazistischen Rechten waren seit den späten 1980er-Jahren Schriften breit rezipiert worden, in denen ein aufkommender "Rassenkrieg" beschworen und dazu aufgerufen wurde, sich zu bewaffnen und in Form von klandestin abgeschotteten Kleingruppen oder als Einzeltäter/innen in diesen Krieg einzutreten (Sanders et al. 2014, Michael 2009). Gleichwohl mochten die Nachrichtendienste und die Ermittlungsbehörden in ihren offiziellen Stellungnahmen trotz der im Jahr 2011 bekannt gewordenen Verbrechen des NSU keineswegs von der Existenz rechtsterroristischer Strukturen sprechen.Die vom "Nationalsozialistischen Untergrund"(NSU) im Zeitraum von 2000 bis 2006 begangenen rassistischen Morde wurden erkennbar nicht mit der Radikalisierung der neonazistischen Szene insgesamt, aber auch des unmittelbaren politischen Milieus der Kerngruppe zusammengebracht. In mehreren parlamentarischen Untersuchungsausschüssen - des Bundestages sowie der Landtage in Bayern, Thüringen und Sachsen - wurden nach 2011 schwere Mängel seitens der staatlichen Sicherheitsstrukturen in der Problemwahrnehmung sowie in der Fahndungstätigkeit herausgearbeitet (für einen Überblick: Virchow 2014). Weitere Untersuchungsausschüsse in Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen befassen sich derzeit insbesondere mit den für die jeweiligen Bundesländer relevanten neonazistischen Strukturen, polizeilichen Ermittlungen und nachrichtendienstlichen Tätigkeiten.

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