Das "Seminar für mehrsprachige Helferinnen und Helfer" in München

Beate Reinhold

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Beate Reinhold, Das "Seminar für mehrsprachige Helferinnen und Helfer" in München (27.04.2024), Beltz Juventa, 69469 Weinheim, ISSN: 1432-6000, 2011 #3, S.262

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Accesses

Beschreibung / Abstract

Bereits seit Anfang der 1990er Jahre wurde der Bedarf an Angeboten und Maßnahmen im Bereich der interkulturellen Betreuung und Hilfeleistung für SeniorInnen mit Migrationshintergrund immer deutlicher. Ein langes Leben mit einer sprachlich-kulturellen Vielfalt, aber ohne die Möglichkeit zum konzentrierten Lernen bedeutet für viele, dass sie die Mehrheitssprache nicht oder nicht in ausreichendem Maß beherrschen: Ein arbeitsreicher Alltag, ein privates Leben in überwiegend muttersprachiger Umgebung, mangelnde Kommunikationsmöglichkeiten mit der deutschsprachigen Gesellschaft, sprachliche Isolation in häuslicher Abgeschlossenheit - all dies kann die Ursache für eine gesellschaftliche Isolation sein, die sich im Alter ohnehin leicht einstellt und die durch sprachliche Divergenzen um ein Vielfaches vergrößert werden kann. Gerade wenn im Umgang mit Behörden, Institutionen, Krankenversicherungen, Ärzten und Pflegekräften die sprachliche Grundlage für eine gleichberechtigte und erfolgreiche Kommunikation fehlt, kann dieser Zustand für die Gesundheit und die Autonomie des einzelnen Menschen bedrohlich werden bzw. ihn in eine Isolation bringen, aus der er allein keinen Ausweg findet und der in Resignation und Hilflosigkeit enden muss. In allen öffentlichen Institutionen bezahlte ÜbersetzerInnen einsetzen zu wollen, wäre illusionär: zu teuer, zu umständlich und aufgrund psychischer Barrieren schlicht nicht durchführbar, muss diese Möglichkeit der Sprachmittlung Einzelfällen vorbehalten bleiben. Auch der Familienverband ist in vielen Fällen in diesen Gruppen ebenso unflexibel wie in denen der sprachlichen Mehrheit. So bleiben ältere MigrantInnen im Alter oft ganz auf sich gestellt und gleiten in eine soziale Isolation, die durch die kommunikative Einschränkung in hohem Maß verstärkt wird und ihnen zu großen persönlichen Nachteilen gereicht. Diese Problematik ist bereits seit Längerem bekannt und wird durch eine vom Stadtrat München in Auftrag gegebene Studie zudem bestätigt. Obwohl der Anteil an MigrantInnen an der Gruppe der Münchner Stadtbevölkerung ab 65 Jahren inzwischen fast 10% beträgt, gab es bisher noch keine Lösungsansätze in größerem Maßstab. Gerade in Zeiten knapper werdender Ressourcen und umfangreicher Einsparungen sind auch hier Konzepte sehr gesucht, die soziale Aufgaben aus neuer Perspektive mit wenig finanziellem Aufwand angehen und dabei einen gesamtgesellschaftlichen Mehrfachnutzen transportieren.

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