Wachsende Bedeutung der politischen Bildung?

Anmerkungen zum 15. Kinder- und Jugendbericht

Benedikt Widmaier

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Benedikt Widmaier, Wachsende Bedeutung der politischen Bildung? (2017), Beltz Juventa, 69469 Weinheim, ISSN: 0012-0332, 2017 #08, S.324

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In diesem Beitrag stellt Benedikt Widmaier fest, dass die Bedeutung der politischen Bildung, wie sie sich aus bildungspolitischen Leitbildern und dem institutionellen Selbstverständnis der alten Bundesrepublik ergibt, in den letzten zwanzig Jahren deutlich abgenommen habe. Er verweist z.B. auf Programme von Volkshochschulen, in denen der Fachbereich der politischen Bildung im Vergleich zu den 1970/80er-Jahren keine wichtige Rolle mehr spiele, in der Regel werde er auch gar nicht mehr so genannt. Auch in den Jugendverbänden habe politische Bildung im engeren Sinne seit Jahren keine zentrale Bedeutung mehr, stellt Widmaier fest. Die zunehmende Entpolitisierung der letzten zwanzig Jahre habe auch vor den ehemals wichtigen Institutionen der politischen Bildung nicht Halt gemacht. Der Begriff der politischen Bildung, so Widmaier, ist jahrelang zurückgedrängt und durch Termini wie freiwilliges Engagement ersetzt worden, wobei dieser Engagementbegriff erkennbar entpolitisiert sei. Deshalb sei es umso bemerkenswerter, dass politische Bildung im 15. Kinder- und Jugendbericht eine neue und so große Aufmerksamkeit erhalte. Politische Bildung genieße in dem Bericht nicht nur quantitativ eine hohe Wertschätzung, sondern auch qualitativ ein besonderes Gewicht. Wichtig sei die Betonung des "Ortswechsels" als notwendiges Prinzip der politischen Bildung. Der Bericht betone, dass Ortswechsel und damit Distanzierungsmöglichkeiten von den üblichen alltäglichen Routinen und Verpflichtungen sowie eigene Gestaltungsspielräume für Jugendliche als Prinzipien der politischen Bildung besonders hervorgehoben würden. Für den Autor bedeutet das, die "Scholarisierung des Jugendalters" zu überwinden. Das mit dem Programm "Demokratie leben" ausgegebene jugend- und förderpolitische Signal der Bundesregierung entspreche allerdings in vielen Aspekten gar nicht den qualifizierten Anregungen des Kinder- und Jugendberichts. Mit dem Sonderprogramm entstehe zumindest der Eindruck, dass politische Bildung wieder einmal als Feuerwehr und nicht als dauerhafte Aufgabe starker Fachinstitutionen gesehen werde.

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