Gegen jeden Widerstand – Mädchensolidarität und Freundinnenschaft in der Migrationsgesellschaft

Miriam Yildiz

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Miriam Yildiz, Gegen jeden Widerstand – Mädchensolidarität und Freundinnenschaft in der Migrationsgesellschaft (25.04.2024), Beltz Juventa, 69469 Weinheim, ISSN: 1438-5295, 2021 #2, p.68

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„Und einhergehend mit diesem Türkischsein gab es immer diesen Punkt Islam und Geschlecht: „Ja, bist du denn Muslima? Oder glaubst du denn? Oder fastest du denn? Wirst du zuhause eingesperrt? Oder darfst du dich überhaupt mit Jungs treffen? Da fragt man sich doch: Geht†™s hier überhaupt um mich oder doch nur um deine Sensationslust?“ (Ayla, 27 Jahre, Interview) Dieses Interviewzitat von Ayla steht exemplarisch für die Erfahrungen vieler Mädchen und junger Frauen mit einem so genannten Migrationshintergrund. Einem ethnisierenden und rassistischen Diskurs unterworfen, sind sie fortwährend gezwungen, sich den dominanten Deutungen zu stellen, zu widersetzen, zu unterwerfen, sich anzueignen und umzudeuten – auf ganz unterschiedliche Weisen. Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund, mit Zuwanderungsgeschichte, of color, zweiter und dritter Generation oder postmigrantischer Generation. Hinter diesen Begriffen verbirgt sich eine unüberschaubare Pluralität persönlicher oder familiärer Migrationsgeschichten, unterschiedlicher Aufenthaltsstatus, Selbstpositionierungen und sozialer oder religiöser Hintergründe. Ihre Biographien und Erfahrungen sind in höchstem Maße vielfältig und individuell. In zunehmend globalisierten und durch Mobilität und Vielheit geprägten Gesellschaften, so zeigt sich, können scheinbare Differenzen immer neue vielfältige und hybride Formen annehmen und von Rassismus betroffene Mädchen und Frauen neue Solidaritätsformen, alltagskulturelle Praktiken und Allianzen begründen. Dieser Umstand scheint sich bisher als gesamtgesellschaftliche Erkenntnis noch nicht durchgesetzt zu haben: Daher soll dieser Artikel den Fokus auf die solidarischen, unterstützenden und empowernden Perspektive und Erfahrung betreffender Frauen und Mädchen untereinander richten. Familiäre Bezugspunkte, die zweifelsohne auch wichtig sind, wurden in der Vergangenheit bereits hin und wieder in den Fokus gerückt. Die Bedeutung von Mädchen– und Frauenfreundinnenschaften im Speziellen wurde in diesem Zusammenhang hingegen bislang wenig beleuchtet und stellen einen spannenden Bezugspunkt für die Mädchen(kultur)forschung dar. Zur Veranschaulichung dient hierfür im Verlauf des Artikels empirisches Material aus meinem aktuellen Forschungsvorhaben, das sich aus einer intersektionalen Perspektive mit Erfahrungen und Selbstpositionierungen von Mädchen und jungen Frauen zweiter und dritter Generation im Bildungssystem befasst.

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