Die Debatte über die Privatisierung des Strafvollzugs - Reflexionen über Grenzen und Staatsverständnis aus Schweizerischer Sicht

Anna Coninx

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Anna Coninx, Die Debatte über die Privatisierung des Strafvollzugs - Reflexionen über Grenzen und Staatsverständnis aus Schweizerischer Sicht (20.04.2024), Beltz Juventa, 69469 Weinheim, ISSN: 0341-1966, 2009 #4, p.287

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Description / Abstract

In der Schweiz besteht seit dem 1.1.2007 eine gesetzliche Grundlage, die den Bundesrat ermächtigt, den Vollzug sämtlicher Freiheitsstrafen auf Private zu übertragen. Ich werde in diesem Beitrag grundsätzliche Fragen der Zulässigkeit eines solchen Vorhabens analysieren und dessen verfassungsmäßige und kriminalpolitische Grenzen aufzeigen. Festzuhalten gilt, dass es sich bei der Privatisierung des Strafvollzugs immer nur um eine Teilprivatisierung handelt, was bedeutet, dass der Staat in jedem Fall einen rechtmäßigen Vollzug garantieren muss (Gewährleistungsverantwortung). Entscheidend für die Wahl einer staatlichen oder privaten Trägerschaft ist nicht die Zugehörigkeit einer Aufgabe zum Gewaltmonopol des Staates, sondern die Garantie der Verwirklichung der Grundrechte der Strafgefangenen. Aus kriminalpolitischer Sicht ist wesentlich, dass die Sanktionspolitik im Allgemeinen und die Wahl der Vollzugszwecke im Besonderen nicht von den kommerziellen Interessen der privaten Gefängnisbetreiber bestimmt werden. Dies kann dadurch erreicht werden, dass Private nur einen kleinen Prozentsatz aller Vollzugsplätze bereitstellen und die Verträge auf kürzestmögliche Laufzeiten beschränkt werden. Aufgrund heikler rechtlicher Abgrenzungsfragen und da keinerlei empirisch zuverlässig belegte Vorteile privater Träger vorliegen, erscheint es allerdings zweckmäßiger, den Vollzug klassischer Formen der Freiheitsstrafe beim Staat zu belassen. Künftigen Herausforderungen im Strafvollzug soll mit einer Reformpolitik zugunsten des Staates - nicht zugunsten Privater - begegnet werden.

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