Neurowissenschaften und Soziale Arbeit.

Reflexionen einer nicht geführten Debatte

Jonathan Kufner

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Jonathan Kufner, Neurowissenschaften und Soziale Arbeit. (21.04.2024), Beltz Juventa, 69469 Weinheim, ISSN: 0341-1966, 2013 #1, p.44

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Description / Abstract

Seit einigen Jahren zeichnet sich eine radikale Kehrtwende in der Betrachtungsweise kriminalpolitischer Entwicklungen und Neuerungen ab. Es sind wissenschaftliche Disziplinen wie die Neurobiologie, die Genetik oder die technische Risikoforschung, denen im Praxis- und Diskursfeld der Kriminologie und der Sozialen Arbeit nun vermehrt Deutungsmacht zukommt. Sozialwissenschaftliche VertreterInnen gehen davon aus, dass der Einfluss der Neurowissenschaften zu einer Biologisierung von Delinquenz und Kriminalität führt, wodurch etablierte sozialwissenschaftliche Erklärungsmodelle an Bedeutung verlieren könnten. Sozialer Arbeit kommt die Aufgabe der Selektion sowie der Differenz-Herstellung zu. In diesem Beitrag wird die These aufgestellt, dass der "neuroscientific turn" zu starren, unflexiblen Unterscheidungs- und Markierungskategorien in Praxis und Theorie der Sozialen Arbeit führt. Mit dem Verweis auf neuro- bzw. naturwissenschaftliche "harte Fakten" könnten sich etablierte Ausschlussmechanismen weiter verstärken und alternative Deutungsangebote an die Wand gespielt werden. Dieser Beitrag setzt sich daher kritisch mit den Implikationen der Neurowissenschaften für das Diskurs- und Praxisfeld Soziale Arbeit auseinander.

Schlüsselwörter: Soziale Arbeit, Neurowissenschaften, Herstellung von Differenz(kategorien)



For several years, a paradigm shift has been taking place in the field of criminology. Scientific disciplines such as neurobiology, genetics or risk management have successfully claimed interpretational authority when it comes to the study of the origins of and solutions to social problems, including crime. This has the potential to revive biological explanations of crime in new forms and may lead to an one-sided consideration of delinquency and criminality based on "hard scientific facts". The potential implications of this "neuroscientific turn" are discussed in this article, with a focus on its implication for the discourse and practice of Social Work.

Key words: social work, neuroscience, categories of difference

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