Was Europa kann - die Vision des Erasmus von Rotterdam

Lucia Felici

Diese Publikation zitieren

Lucia Felici, Was Europa kann - die Vision des Erasmus von Rotterdam (2022), Schüren Verlag, Marburg, ISBN: 9783741001796

78
Accesses

Beschreibung / Abstract

Politische und konfessionelle Grenzen überwinden und eine neue europäische Gemeinschaft bilden: Dies war das Ziel des Erasmus von Rotterdam. Das Engagement, das der Humanist im Leben für religiöse und kulturelle Erneuerung als Gelehrter aufwendete, ist bekannt. Die Tätigkeiten der Erasmusstiftung, die die Ideale des Erasmus in konkrete Tätigkeit wandelte, sind allerdings weniger bekannt. Ein grenzenloser und religionsübergreifender Wandel in einer friedlichen Atmosphäre waren Sinn und Zweck seines Lebens. Dieser Gedanke erfüllte ihn bei seiner intellektuellen und pädagogischen Arbeit.
Daher war die Gründung einer Stiftung zur Unterstützung von Studenten, Verbannten, Gelehrten und Armen jeglicher Konfession in einem von Staatsgrenzen und religiösen Barrieren zersplitterten Europa eine wesentliche Konsequenzen seines kosmopolitischen Denkens.
Die Stiftung wurde 1538 mit dem Nachlass des Erasmus von dem berühmten Juristen Bonifacius Amerbach in der toleranten Stadt Basel gegründet: Schon im 16. Jahrhundert vergab sie viele Stipendien und Beihilfen an Menschen, ungeachtet deren Geschlechts, Glaubens oder Herkunftshintergrundes, die freiweillig oder aus Not in Europa umherzogen. In einem durch religiöse und staatliche Barrieren geteilten Europa stellte die Erasmus-Stiftung mit ihrer transnationalen und multikonfessionalen Bestimmung ein Unikat dar: ein kosmopolitisches Modell, das zur Festigung einer neuen gesellschaftlichen Ethik beitrug und auf das noch heute zurück gegriffen werden kann, um die Werte Solidarität, Kultur und Gastfreundschaft zu bekräftigen.

Noch eine andere Problematik wird bei der Beschäftigung mit der Erasmusstiftung erkennbar: die Toleranz der europäischen Gesellschaft in Theorie und Praxis. Neuere historische Studien zeichnen ein facettenreiches Bild des Zusammenlebens der unterschiedlichen Kulturen und Religionen im „Zeitalter der Konfessionen“. Der wachsenden Unversöhnlichkeit der Kirchen standen immer kühnere Theorien über religiöse und staatliche Freiheiten gegenüber, aber auch konkretes Handeln und der Wert des Allgemeinwohls überhaupt, die sich in einer möglichst friedlichen und toleranten Welt entwickeln sollten. Zuversichtlich hoffte man, damit Konflikte zu entschärfen, Konfessionsbarrieren zu überwinden und schließlich die Säkularisierung der europäischen Gesellschaft anzustoßen.
Das Verständnis der Gegenwart und die Planung der Zukunft hängen vom Wissen über die Vergangenheit ab. Die genauere Kenntnis der Erasmusstiftung vermag Argumente zu liefern gegen immer neu aufflammende nationalistische, religiöse und fanatische Tendenzen, die die Chancen einer gesellschaftlichen und persönlichen Verbesserung verhindern und den friedlichen europäischen Raum, der auf den Trümmern von schrecklichen Kriegen aufgebaut wurde, zerstören wollen. Die Abhandlung über ein Europa ohne Grenzen im Sinn von Erasmus ist eine Hommage an eine Gesellschaft, die auf Werte wie Dialog, Austausch und Inklusion setzt und in der sich die Vorstellung vom Weltbürger abzeichnet. Sie soll die Utopie des Humanisten von einer wahrhaft menschlichen Menschheit ins Gedächtnis rufen.

Inhaltsverzeichnis

  • BEGINN
  • Inhalt
  • Vorwort von Wolfgang Schroeder
  • Literatur
  • Einführung
  • 1. Kapitel: Erasmus von Rotterdam und seine Stiftung
  • 1 Der Weltbürger Erasmus
  • 2 Auf der Bühne der Welt: Der soziale Geist von Erasmus
  • 3 Erasmus und die Situation der Frauen
  • 2. Kapitel: Die Erasmus-Stiftung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation
  • 1 Bonifacius Amerbach, Erasmus von Rotterdams Erbe
  • 2 Die Gründung der Erasmus-Stiftung
  • 3 Die neue Tendenz der Fürsorge im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation
  • 4 Die Stiftungen «pro studiosis et pauperibus»
  • 5 Weniger Armut durch mehr Wohltätigkeit
  • 3. Kapitel: Die Erasmus-Stiftung im kulturellen und studentischen Kontext in Basel
  • 1 Basel
  • 2 Die Stipendiaten der Erasmus-Stiftung
  • 3 Stipendiaten und Verwalter der Erasmus-Stiftung – ein Geflecht an Beziehungen
  • 4 Familiäre Bande – Empfängerdynastien
  • 5 Perspektiven oder wie Stipendien aus der Erasmus-Stiftung helfen konnten, dem Leben eine Wende zu geben
  • 4. Kapitel: Was verbindet die Erasmus-Stiftung mit der frühneuzeitlichen Mobilität in Europa
  • 1 Das Wirken der Erasmus-Stiftung – ein Überblick
  • 2 Studenten
  • 3 Schüler
  • 5. Kapitel: Grenzen überwinden – Die Erasmus-Stiftung und die Religionskonflikte
  • 1 Das Exil
  • 2 Die Unterstützung von Verbannten wurde zur Mission
  • 6. Kapitel: Gelehrte, Akademiker, Geistliche, Adlige: Streifzüge durch Europa
  • 1 Schreiber und Schullehrer
  • 2 Geistliche
  • 3 Akademiker
  • 4 Adlige auf Reisen
  • 7. Kapitel: Die Erasmus-Stiftung als Wohltätigkeitseinrichtung
  • 1 Das soziale Netz in Basel
  • 2 «In usus pauperum»: Die Fürsorgetätigkeit der Stiftung
  • 3 Die Armen der Erasmus-Stiftung
  • 4 Frauen in Not
  • 5 Mutterschutz: Fürsorge von Wöchnerinnen
  • 6 «Puellae nupturae et adulescentes bonae spei»: Die Investition in die Zukunft junger Menschen
  • 7 Überbrückungshilfen: Die Darlehen
  • Fazit: Gibt es ein Europa unter dem Zeichenvon Erasmus?
  • Abkürzungen
  • I Satzung der Erasmus-Stiftung (ca. 1538)
  • II Satzung der Erasmus-Stiftung(1584)
  • Studenten Ordnung
  • Armen und Dochtern Ordnung
  • III Artikel der Disziplin für Stipendiaten (Bonifacius Amerbach)
  • IV Artikel der Disziplin für Stipendiaten (Basilius Amerbach)
  • Impressum

Ähnliche Titel

    Mehr von diesem Autor