Rätsel und Komplotte

Kriminalliteratur, Paranoia, moderne Gesellschaft

Luc Boltanski

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Luc Boltanski, Rätsel und Komplotte (2013), Suhrkamp Verlag, Berlin, ISBN: 9783518734230

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Beschreibung / Abstract

Was hat die Kriminalliteratur mit der Paranoia und den Sozialwissenschaften zu tun? Dieser Frage geht Luc Boltanski in seinem höchst originellen, preisgekrönten Buch nach. Seine Antwort: Wie die Sozialwissenschaften entsteht auch die Kriminalliteratur um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, und in diese Zeit fällt auch die Entdeckung der Paranoia in der Psychiatrie. Zusammen zeugen sie von einem sich zunehmend verbreitenden Zweifel an der »Realität der Realität«, der als Symptom der Moderne gelten kann.
Boltanski deckt diesen faszinierenden Zusammenhang zwischen Kriminalliteratur, Paranoia und Wissenschaft insbesondere durch fulminante Analysen der Romane von Arthur Conan Doyle und Georges Simenon auf. Während in England der Privatmann Sherlock Holmes durch die Lösung von Rätseln und Komplotten in der englischen Oberschicht die Stabilität der Realität wiederherzustellen sucht, ist es in Frankreich der asketische Beamte Maigret, der in den Pariser Milieus seine Nachforschungen anstellt. Auf brillante Weise verknüpft Boltanski seine literatursoziologischen »Ermittlungen« zur Kriminal-, Spionage- und Verschwörungsliteratur mit solchen zum Paranoia-Diskurs in der Psychiatrie und zur Entstehung der sozialwissenschaftlichen Erforschung der sozialen Realität: Wie der Detektiv oder Kommissar sucht auch der Paranoiker oder Sozialwissenschaftler nach der Wirklichkeit hinter der sozialen Wirklichkeit. Ein Meisterstück!

Beschreibung

<p>Luc Boltanski, geboren 1940, Sch&uuml;ler von Pierre Bourdieu, ist einer der gegenw&auml;rtig prominentesten franz&ouml;sischen Soziologen und Forschungsdirektor an der &Eacute;cole des Hautes &Eacute;tudes en Sciences Sociales in Paris. International bekannt wurde er sowohl durch seine ma&szlig;geblichen Beitr&auml;ge zur Theorie einer pragmatischen Soziologie der Kritik als auch durch seine Analysen des neuen Geists des Kapitalismus.</p>

Christine Pries, geboren 1961, ist Philosophin und Übersetzerin, u. a. von Danielle Allen, Wendy Brown, Barbara Cassin, Dipesh Chakrabarty, Philippe Descola, Didier Fassin und Jean-François Lyotard.

Inhaltsverzeichnis

  • [Cover]
  • [Informationen zum Buch oder Autor]
  • [Titel]
  • [Impressum]
  • Inhalt
  • Vorwort
  • Erstes Kapitel REALITÄT/gegen/Realität
  • Aristide Valentins Londoner Odyssee
  • Was unter einem »Rätsel« zu verstehen ist
  • Kriminalroman versus phantastische Erzählung und Schelmenroman
  • Die Verfassung der Realität: Reales versus Realität
  • Gesellschaftsroman, Kriminalroman, Spionageroman
  • Die Realität in der Krise: Komplottform und Untersuchung
  • Realität und Nationalstaat
  • Worum es im Kriminalroman und Spionageroman geht
  • Kriminalroman und Demokratie
  • Der englische Staat und der französische Staat
  • Der Polizist und der Detektiv
  • Kriminalroman, Spionageroman und Soziologie
  • Kriminalroman und Spionageroman als Transformationssysteme
  • Zweites Kapitel Die Untersuchungen des Londoner Detektivs
  • Der bindungslose Detektiv
  • Herren und Diener
  • Legalität und Normalität
  • Der Detektiv als Mann der Tat
  • Skandale und Affären
  • Wie lässt sich ein Skandal vermeiden?
  • Klassengesellschaft und Rechtsstaat
  • Konservative Kriminalerzählung und kritischer Krimi
  • Drittes Kapitel Die Untersuchungen des Pariser Polizisten
  • Die französische Quelle des Kriminalromans
  • Vom sozial ausgerichteten Fortsetzungsroman zum Justizroman
  • Die zwei Gesichter des Staates: Administrative Kontinuität und politische Unstetigkeit
  • Kommissar versus Detektiv
  • Der gespaltene Maigret
  • Polizeimaßnahmen
  • Die Kompetenz des Ermittlers
  • Maigrets Anthropologie
  • Die persönliche Macht des einfachen Verwaltungsbeamten
  • Maigret in seinem Schloss
  • Der Kriminalroman aus Sicht des Staates
  • Die sozialen Grundlagen der verbrecherischen Phantasie
  • Viertes Kapitel Die Identifizierung von Geheimagenten
  • Der Spionageroman als Weiterführung des Kriminalromans
  • Die zwei Zustände des Staates
  • Spionageroman und Kriegsroman
  • Wer ist der Feind und wo befindet er sich?
  • Die neununddreißig Stufen als Prototyp des Spionageromans
  • Thema und Variationen
  • Der Staat im ursprünglichen Spionageroman
  • John Buchans implizite Soziologie
  • Der Ort der Macht
  • Staat und Nation; Volk und Kapitalismus
  • Die Judenfrage
  • Die fehlende Masse der Kausalität
  • Rund um die Protokolle der Weisen von Zion
  • Die Kehrtwende
  • Über dem Komplott
  • Der Spiegel der Komplotte
  • Die Symmetrisierung der Anschuldigungen
  • Die Enthüllung, dass der Staat ein Komplott darstellt
  • Fünftes Kapitel Die endlose Untersuchung der »Paranoiker«
  • Komplott und Paranoia
  • Eine klinische Deutung der Paranoia
  • Die ersten Paranoia-Konzeptionen
  • Der Ressentimentmensch als Verkörperung der Moderne
  • Der Aufstand der frustrierten Intellektuellen
  • Nihilismus, Ambivalenz und Ressentiment
  • Von der Individualpathologie zur Sozialpathologie
  • Liberalismus oder ... Paranoia
  • Die Paranoia-Epidemie
  • Woran erkennt man Verschwörungstheorien?
  • Was ist ein Komplott?
  • Wie weit soll die Untersuchung gehen?
  • Akzeptables und Inakzeptables
  • Die Grammatik der Normalität
  • Die Grammatik der Wahrscheinlichkeit
  • Sechstes Kapitel Die Policey der soziologischen Untersuchung
  • Die Soziologen und ihre »Dummheiten«
  • Die Frage der Kausalität
  • Juristische Entitäten, soziologische Entitäten und narrative Entitäten
  • Der »Aberglaube« der Sozialwissenschaften
  • Wie kann man Poppers Fluch entgehen?
  • Netzwerke und Seilschaften
  • Wie soll man mit der Multipositionalität umgehen?
  • Soziologische Untersuchungen, journalistische Untersuchungen, polizeiliche Untersuchungen
  • Das Ereignis in journalistischen Schilderungen und soziologischen Studien
  • Epilog Und die Geschichte kopierte die Literatur
  • Danksagung
  • Namenregister
  • Sachregister

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