Die Freie Wohlfahrtspflege in Europa: Perspektiven in schwierigen Zeiten

Wolfgang Stadler und Joß Steinke

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Wolfgang Stadler, Joß Steinke, Die Freie Wohlfahrtspflege in Europa: Perspektiven in schwierigen Zeiten (29.03.2024), Beltz Juventa, 69469 Weinheim, ISSN: 0342-2275, 2014 #2, S.87

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Beschreibung / Abstract

Europa als "Liberalisierungsmaschine", diese Bild zeichnet der Soziologe und Direktor am

Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung Wolfgang Streeck (2013) in seinem vieldiskutierten

Werk "Gekaufte Zeit". Europa habe, so Streecks kaum zu bezweifelnde Bilanz, zu

einer Entwertung nationaler Sozialpolitik geführt, ohne dies durch entsprechende internationale

Ansätze auszugleichen. Als die Arbeitgeber das Interesse an der Gemeinschaft zu verlieren

begannen, habe man das Binnenmarktprojekt aufgelegt. Es bescherte den Unternehmen

"die gewünschte Marktexpansion [...], während den Beschäftigten die sozialpolitische

Einbettung des Binnenmarktes als etwas in Aussicht gestellt wurde, das aus dessen Verwirklichung

zwangsläufig folgen werde“ (Streeck 2013: 149). Das ist nie geschehen – im Gegenteil.

Kommission und Europäischer Gerichtshof verfolgten über Jahrzehnte eine Liberalisierungspolitik,

die immer weitere Bereiche umfasste - auch den sozialen Sektor. Dies wurde

durch die auferlegte Haushaltsdisziplin noch verstärkt. So ist nach Streeck ein perfektes

marktliberales System entstanden, das den Unternehmen maximale Renditen verspricht und

Europa bereits in eine soziale Krise geführt hat, die sich in wachsender Ungleichheit niederschlägt.

Diese lässt sich kaum von der Finanzkrise und einer immer deutlicher hervortretenden

europäischen Legitimationskrise trennen (siehe auch Guérot 2013: 4). Diese Legitimationskrise

bedroht den europäischen Zusammenhalt in einem nie gekannten Ausmaß: Europa

steht am Scheideweg.

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