Die Sicherung des kindlichen Existenzminimums - Grundbedingung für den Sozialstaat der Zukunft

Anna Lenze

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Anna Lenze, Die Sicherung des kindlichen Existenzminimums - Grundbedingung für den Sozialstaat der Zukunft (29.03.2024), Beltz Juventa, 69469 Weinheim, ISSN: 0342-2275, 2011 #4, S.259

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Beschreibung / Abstract

Nach schwierigen, acht Wochen dauernden Verhandlungen im Vermittlungsausschuss hat am 25.2.2011 das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII sowohl Bundesrat als auch Bundestag passiert. Das Gesetz ist am 1.4.2011 (rückwirkend zum 1.1.2011) in Kraft getreten. Der erzielte Kompromiss enthält einige veritable Verbesserungen, die auch - anders als von manchen kolportiert wird - die Einigung nicht mit wesensfremden Thematiken überfrachtet und erschwert haben. Der Kampf um Equal Pay für die Leiharbeit und um Mindestlöhne gehört genuin in den Kontext der Agenda 2010. Schließlich wurde mit Hartz-I die Leiharbeit entfesselt und mit Hartz-IV bewusst ein Niedriglohnsektor in Deutschland geschaffen. Die Hartz-Gesetzgebung war so erfolgreich, dass selbst die Bertelsmann-Stiftung, die federführend bei der Entwicklung der Agenda 2010 mitgewirkt hat nun ihrerseits warnend darauf hinweist, dass der deutsche Arbeitsmarkt die stärkste Deregulierung in Europa und einen im internationalen Vergleich besonders hohen Anteil an atypischer Beschäftigung aufweist. In den zwei Jahren nach Einführung der Hartz-Gesetzgebung brachen die Lohnkosten je produzierter Einheit in Deutschland um "unheimliche fast vier Prozent ein, nachdem sie bis 2005 gestiegen waren" (Financial Times Deutschland, 12.03.2010, 27). Es ist daher zu begrüßen, dass im Vermittlungsausschuss versucht wurde, diese Entwicklung ein Stück weit wieder einzufangen. Eine weitere Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf besteht darin, dass nicht nur Kinder im Leistungsbezug des SGB II und XII, sondern auch solche im Wohngeldbezug in das Bildungs- und Teilhabepaket einbezogen worden sind. Auch die Tatsache, dass nun vollständig die Kommunen und nicht die Jobcenter für die Realisierung der neuen Angebote zuständig sein werden, ist ein Erfolg des "Öffentlichen Vernunftgebrauchs" (Amartya Sen) und ist vorbehaltlos zu begrüßen. Schließlich sind Schulsozialarbeiter unabdingbar dafür, dass auch solche Kinder an die neuen Bildungsangebote herangeführt werden, deren Eltern von sich aus nicht die notwendigen Anträge stellen. Zuletzt ist ein weiterer Erfolg der langen Kompromiss-Suche darin zu sehen, dass die Kommunen in einem Ausmaß entlastet werden, wie es bis eine Woche vor der Einigung nicht vorstellbar war.

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