Ressourcenfokussierung in psycho-sozialen Arbeitsfeldern

Jürgen Beushausen

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Jürgen Beushausen, Ressourcenfokussierung in psycho-sozialen Arbeitsfeldern (23.04.2024), Beltz Juventa, 69469 Weinheim, ISSN: 0342-2275, 2012 #3, S.183

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Accesses

Beschreibung / Abstract

Ressourcenorientierung ist zu einem "Zauberwort" (Schemel und Schaller 2003) geworden, das sich wie ein roter Faden durch neue Strömungen im Bereich der professionellen psychosozialen Arbeit zieht. In vielen Konzepten, beispielsweise in Graves Entwurf einer allgemeinen Psychotherapie (1998), in Konzepten der Salutogenese oder in Konzepten der Gesundheitsförderung (siehe z.B. Becker 2001, Schemmel und Schaller 2003, Möbius und Friedrich 2010) gewinnen Ressourcenkonzepte immer mehr Raum. Die Nutzung der Ressourcen wird besonders in systemischen Ansätzen und in der Integrativen Therapie (Petzold 1997) in den Mittelpunkt gestellt. Eingang gefunden hat diese Orientierung auch in den ICF und seiner Fokussierung auf die Teilhabe. Die Ressourcenorientierung ist für die Theorie zu einer Leitorientierung geworden, auch wenn die praktische Umsetzung noch einige Zeit benötigen wird. Herringer (2006) kritisiert, dass gebrauchsfertige Erhebungsinstrumentarien fehlen, mit denen Ressourcen in strukturierter Form erfasst werden können. Das im Weiteren vorgestellte Manual soll hierzu einen Beitrag leisten. -- In diesem Artikel beziehe ich mich auf systemtheoretische Konzepte, die davon ausgehen, dass soziale Problemlagen, Gesundheit und Krankheit sozial konstruiert sind und nicht mit eindimensionalen Erklärungsmodellen, linearen Ursache-Wirkungsbezügen und nicht ohne eine historische Betrachtung erfasst werden können. Ausgangspunkt ist ein "bio-psycho-soziales Menschenbild", das Menschen ganzheitlich betrachtet und als Experten für ihr Leben ansieht. Es wird davon ausgegangen, dass sich ein Mensch in diesem Prozess besser entwickeln kann, wenn ihm partnerschaftlich im Sinne einer Ich-Du Beziehung begegnet wird. Die Beziehung in der Beratung ist ebenso entscheidend wie die Passung von Methode und Konzept. Um ressourcenorientiert tätig zu sein, ist es wichtig genauer zu bestimmen, welche Faktoren gemeint sind. Schiepeck und Cremers (2003, 154f) definieren diese allgemein als "Kraftquellen". Sie führen aus: "Es sind Quellen aus denen man all das schöpfen kann, was man zur Gestaltung eines zufrieden stellenden, guten Lebens braucht, was man braucht, um Probleme zu lösen oder mit Schwierigkeiten zurecht zu kommen. Das können sehr verschiedenartige Bedingungen sein, denn jeder Mensch ist anders, und jede Situation, jede Herausforderung und Lebensphase braucht andere Ressourcen." Menschen benötigen Ressourcen zur Bewältigung alltäglicher Probleme und erst Recht für den Umgang mit krisenhaften Situationen. In der Lebensspanne entwickeln Ressourcen sich umso besser, wenn das Verhältnis von Möglichkeiten und Anforderungen ausgewogen ist und je erfolgreicher Anforderungen bewältigt wurden. Das Ressourcenkonzept geht davon aus, dass jeder Mensch eigene Copingstrategien für anstehende Handlungsanforderungen entwickeln kann. Grundannahme ist das Postulat, dass unsere Lebensführung, unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden abhängig sind von der Verfügbarkeit und dem Einsatz von Personen und Umweltressourcen. In einem zirkulären Prozess beeinflussen sich Kontextressourcen und persönliche Ressourcen, hierbei passen nicht alle Ressourcen auf alle Bedürfnisse. -- Soziale Unterstützung hat, dies ist empirisch belegt (siehe Mielck 2005), positiven Einfluss auf den Gesundheitszustand, daher ist bei der Frage nach den Ressourcen nach Unterstützung zu fragen. Um umfassend Ressourcen zu nutzen ist mit Bezug auf Keupp (2003) gegen eine psychologisch verkürzte Ressourcenperspektive und für eine Einbeziehung des Potentials von Netzwerken und der sozialpolitischen Ebene zu plädieren. Die Bedeutung der Ressourcen für die Problembewältigung bestätigen zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse (siehe Schemmel und Schaller 2003, Petzold 1997). Grawe (1994) betont in seiner Untersuchung über therapeutische Wirkfaktoren die Bedeutung der Ressourcenaktivierung. Er verweist auf empirisch abgesicherte Befunde, nach denen Patienten gut geholfen werden kann, wenn positive Eigenarten, Fähigkeiten und Motivationen unterstützt werden. Er sieht die Ressourcenorientierung neben der Problemaktualisierung, der Aktive Hilfe zur Problembewältigung und der therapeutischen Klärung als eine der vier therapeutischen Wirkprinzipien. Eine wichtige Rolle spielt, in welchem Ausmaß der professionelle Helfer als einer der bedeutsamen Bezugspersonen als unterstützend, aufbauend und selbstwertstärkend erlebt wird. --

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