Die vergessene Generation

Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen

Sabine Bode

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Sabine Bode, Die vergessene Generation (2014), Klett-Cotta Verlag, Stuttgart, ISBN: 9783608201925

2048
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Beschreibung / Abstract

Noch nie hat es in Deutschland eine Generation gegeben, der es so gut ging wie den heute 60- bis 75jährigen. Doch man weiß wenig über sie, man redet nicht über sie - eine unauffällige Generation. Jetzt beginnen sie zu reden, nach langen Jahren des Schweigens.

Die Kriegskindergeneration ist im Ruhestand, die eigenen Kinder sind längst aus dem Haus. Bei vielen kommen jetzt die Erinnerungen allmählich hervor und mit ihnen auch Ängste, manchmal sogar die unverarbeiteten Kriegserlebnisse. Sie wollen nun über sich selbst nachdenken und sprechen.

Der Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter spricht von einer »verschwiegenen, unentdeckten Welt«. Mit den Holocaust-Opfern habe man sich eingehend beschäftigt, mit der Kriegskindergeneration nie.

Ihnen wurde gesagt: »Sei froh, daß du überhaupt überlebt hast. Vergiß alles und schau lieber nach vorne!« Sie haben den Bombenkrieg miterlebt oder die Vertreibung, ihre Väter waren im Feld, in Gefangenschaft oder sind gefallen. Diese Erinnerungen haben sie bislang in sich verschlossen gehalten, sie trösteten sich mit der Einstellung: »Andere haben es noch viel schlimmer gehabt als wir.«

So wurde eine ganze Generation geprägt: Man funktionierte, baute auf, fragte wenig, jammerte nie, wollte vom Krieg nichts hören - und man konnte kein Brot wegwerfen.

Beschreibung

Noch nie hat es in Deutschland eine Generation gegeben, der es so gut ging wie den heute 60- bis 75jährigen. Doch man weiß wenig über sie, man redet nicht über sie - eine unauffällige Generation. Jetzt beginnen sie zu reden, nach langen Jahren des Schweigens.

Kritik

»... Sabine Bode hat viele von ihnen zum Sprechen gebracht, das ist ein großes Verdienst. Und sie hat Stellen aus der biografischen Literatur und aus Lebensberichten hinzugezogen, die die affektiven Leerstellen bei vielen Kriegskindern mit emotionalem Leben erfüllen. Sie macht zu Recht deutlich, dass das unverarbeitete Leid der ehemaligen Kriegskinder noch eine große gesellschaftliche Aufgabe darstellt, weil mit dem Beginn des Rentenalters die Überdeckung der Traumata durch Beruf und Arbeit endet. ...«
Tilmann Moser, Psychologie heute, 8/2004

»... Sabine Bode hat viele Kriegskinder in ihrem Buch zu Wort kommen lassen. Diese berichten nach häufigem Abwehren ("es ist doch damals allen schlecht gegangen" oder "sie werden mir doch jetzt kein Trauma einreden wollen"), voll Flucht, Verschüttung, Tieffliegern und Bombenhagel ziemlich distanziert und im Nachhinein wenig betroffen. Gleichzeitig aber kann man häufig besondere Unsicherheiten, Krankheiten, Schwankungen in deren Lebensweg beobachten.«
Marianne Kerres, Pflegemagazin 4.8.2004

»So gelesen, ist Sabine Bodes Buch ein wichtiges und notwendiges Element im Mosaik der deutschen Geistesverfassung.«
Gabriele von Arnim, Die Zeit, Literaturbeilage, 19.5.2004

»... Ein fundiertes Buch über ein Tabu, das über ein halbes Jahrhundert auf seine Aufarbeitung wartete.«
Welt am Sonntag, 21.3.2004

»... ein aufschlussreiches und oft anrührendes Buch zum Thema ...
Dass auch die deutsche Zivilbevölkerung unter dem von ihrer Führung begonnenen Krieg gelitten hat, ist zwar schon in den letzten Jahren ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten - vor allem durch die Bücher von Günter Grass und Jörg Friedich -, aber die längerfristigen seelischen Auswirkungen von Bombardierungen und Vertreibung sind bisher kaum erörtert worden. ...
Eine der ersten Publikationen überhaupt zum Thema«
Frank Gerbert, Focus, 1.3.2004

Beschreibung

Sabine Bode, Jahrgang 1947, begann als Redakteurin beim »Kölner Stadt-Anzeiger«. Seit 1978 arbeitet sie freiberuflich als Journalistin und Buchautorin und lebt in Köln.
Sie ist eine renommierte Expertin auf dem Gebiet seelischer Kriegsfolgen. Ihre Sachbücher »Die vergessene Generation«, »Kriegsenkel«, »Nachkriegskinder« und »Kriegsspuren« sind Bestseller und wurden in mehrere Sprachen übersetzt.

Prof. Dr. med. Luise Reddemann ist Nervenärztin und Psychoanalytikerin.
Seit gut 25 Jahren beschäftigt sie sich intensiv mit Trauma und Traumafolgestörungen. Von 1985 bis 2003 war sie Leiterin der Klinik für Psychotherapie und psychosomatische Medizin des Ev. Johannes-Krankenhauses in Bielefeld und entwickelte dort ein Konzept zur Behandlung von Menschen mit komplexen Traumafolgestörungen, die »Psychodynamisch imaginative Traumatherapie« (PITT).
Luise Reddemann führt zahlreiche Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen durch. Im Rahmen ihrer Honorarprofessur an der Universität Klagenfurt für medizinische Psychologie und Psychotraumatologie widmet sie sich den Arbeitsschwerpunkten Resilienz sowie Folgen von kollektiven Traumatisierungen.
Luise Reddemann ist Mitglied im Weiterbildungsausschuss der Deutschen Akademie für Psychotraumatologie, im Wissenschaftlichen Beirat der Lindauer Psychotherapiewochen und in der wissenschaftlichen Leitung der Psychotherapietage NRW.
Luise Reddemanns Bücher und CDs im Verlag Klett-Cotta haben auch bei Betroffenen weite Verbreitung gefunden und vielen Menschen geholfen, mit einer traumatischen Erfahrung besser fertig zu werden.

Inhaltsverzeichnis

  • Die vergessene Generation
  • Zu diesem Buch
  • Inhalt
  • EINFÜHRUNG ZUR ERWEITERTEN UND AKTUALISIERTEN AUSGABE
  • Die Erinnerungsarbeit einer vergessenen Generation
  • Dank
  • ERSTES KAPITEL Millionen Kriegskinder unter uns
  • Was der Kalte Krieg verhinderte
  • Ein erhellendes Seminar
  • Nazivergangenheit
  • Kriegsvergangenheit
  • Eine tüchtige Generation
  • Phantasiediagnose "vegetative Dystonie"
  • Wo sind die Erinnerungen?
  • "Wir haben jahrelang im Keller gesessen"
  • Als der Krieg aus war, kam die Lebensangst
  • ZWEITES KAPITEL Was Kinder gebraucht hätten ...
  • Ein behutsamer alter Mann
  • Kinder ohne Väter
  • Die Not und die Wut der Heimkehrer
  • Diagnose "Dystrophie"
  • Früher Ratgeber "Flüchtlingskinder"
  • DRITTES KAPITEL "Eine verschwiegene, unentdeckte Welt"
  • Als Deutschland hungerte
  • Forschen, Messen, Wiegen
  • "Heute dümmer als früher?"
  • Was Schelsky herausfand
  • Verspätete Kriegsfolgen in der Pubertät
  • Eine Generation, die nicht interessierte
  • VIERTES KAPITEL Zwei Frauen ziehen Bilanz
  • Die Sehnsucht, es möge nie wieder Krieg geben
  • Großmutter und Enkeltochter
  • Vom Hunger geprägt
  • Ständig im Hilfseinsatz, wenig Schlaf
  • Und immer wieder Überleben
  • Panik bei Mückenstichen
  • Eine minimale Rente
  • Ein Traum, der heilte
  • FÜNFTES KAPITEL Das fröhliche Kind
  • Eine kleine Preußin erträgt alles
  • Der Hunger und das Vergessen
  • Die Rolle der Psychoanalyse
  • Wenn das Herz verrückt spielt
  • Sonnenschein und Spaßvogel
  • Bombenstimmung!
  • SECHSTES KAPITEL Ein ganzes Volk in Bewegung
  • Die verlorene Heimat als Fixpunkt
  • Auf der Flucht geboren
  • Der Mutter immer dankbar sein ...
  • Halb Deutschland unterwegs
  • Ahnungslose Dorfbevölkerung
  • Harte Verteilungskämpfe
  • Eine couragierte Zwölfjährige
  • "Schreckliches - aber auch viel Schönes"
  • Ins Bett, weil das Zimmer so eisig war
  • Zu Fuß von Thüringen ins Ruhrgebiet
  • Ein letzter Brief
  • SIEBTES KAPITEL Kriegswaise: Die Suche nach der Erinnerung
  • Kinder, die verloren gingen
  • Ein Lager in Dänemark
  • Neuer Start in der Bundeswehr
  • Eine deutsch-deutsche Geschichte
  • Mutter und Großmutter verhungerten
  • Eine fürsorgliche Tochter
  • Mit kleinem Gepäck allein in den Westen
  • ACHTES KAPITEL Nazi-Erziehung: Hitlers willige Mütter
  • Die Schule der Johanna Haarer
  • "Wehret den Anfängen!"
  • "Das Kind nicht riechen können"
  • Streit mit der Nazimutter
  • Wie Wölfchen seine Lebensfreude verlor
  • Auch Mädchen weinen nicht!
  • NEUNTES KAPITEL "Aber recht, recht lieb wollen wir sein ..."
  • Wenn Kinder zu Freiwild werden
  • Ein Volk von Zerlumpten und Bettlern
  • Ein Gott, der alles rechtfertigt
  • Bußrituale für Heimkehrer
  • Sterben wollen und in den Himmel kommen
  • "Ich habe keine Eltern mehr"
  • Ausbruch und Neubeginn
  • Stress macht sie vergesslich
  • "Sucht euch Ersatzeltern!"
  • ZEHNTES KAPITEL Das Trauma, der Krieg und die Hirnforschung
  • Eine persönliche Katastrophe
  • Es begann mit der Eisenbahn
  • Gerichtsmediziner schlugen Alarm
  • Massentod in den Schützengräben
  • Traumaforschung weltweit
  • Was Kinder instinktiv wissen
  • Wissen Therapeuten genug?
  • Das Fehlen der Worte
  • ELFTES KAPITEL Die große Betäubung
  • Nach einem Bombenangriff
  • Ein heikler Schritt
  • Werbung für die "Tablettchen"
  • Beim Angriff die Finger in den Ohren
  • Tabletten gegen die Todesangst
  • Mit einer Behinderung leben
  • ZWÖLFTES KAPITEL "Als alter Mann werde ich glücklich sein"
  • Zwei Kindheiten: Hanno und Kaspar
  • Ein Sohn, der die Bühne liebt
  • Die Kriegsschrecken der Eltern geerbt
  • Vater und Sohn - wie zwei Veteranen
  • Eine schizoide Episode
  • Das Ende der Zärtlichkeit
  • Heilung ist möglich
  • DREIZEHNTES KAPITEL Trostlose Familien
  • Ein Abschiedslied ohne Trauer
  • Eltern und Kinder sind sich fremd geblieben
  • Das große Desinteresse
  • "Kollektive Geheimnisse"
  • Eltern, die vor allem Neuen zurückschrecken
  • Zwei Flüchtlingskinder
  • Ein Steinmetz wirft die Brocken hin
  • "Wir sind eine heile Familie!"
  • Verluste werden nicht betrauert
  • VIERZEHNTES KAPITEL Ein Plädoyer für Vernunft und Trauer
  • Wie der Kriegsschrecken gedenken?
  • Nicht jammern - trauern!
  • Die Auswirkungen einer großen Rede
  • Die Befreiung durch eine Trauerfeier
  • Ein Ritual entfaltet seine Wirkung
  • Die Störung eines Gottesdienstes
  • "Eine traumatische Kultur"
  • Wenn Überleben eine gemeinsame Identität stiftet
  • "Was haben wir mit unserer Wut gemacht?"
  • Mit dem Schicksal Frieden schließen
  • FÜNFZEHNTES KAPITEL Vom Schweigen, Sprechen und Verstehen
  • Im Gespräch mit Kriegskindern
  • Jüngere und ältere Geschwister
  • Vaterlos, kinderlos
  • Reise zum Mittelpunkt der Angst
  • "Ich konnte meine Kinder nicht lieben"
  • Kriegsenkel
  • Die Kriegskinder und die mediale Öffentlichkeit
  • Der Deutschland-Reflex
  • "Kriegskinder für den Frieden"
  • NACHWORT

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